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Verändertes Verhalten der Open-Air Besucher, verursacht weniger Abfall

Schüler/innen und Lehrer/innen der Brückenangebote Frauenfeld verliessen zum wiederholten Mal das Open-Air Gelände im Sitter Tobel als Sieger gegen den Abfall.

Abfallhaufen Open-Air St. Gallen 2019 am Montagmorgen

Vor knapp einem Vierteljahrhundert wurde die Leitung des damaligen 10. Schuljahres Frauen-feld von den Veranstaltern des Open-Air St. Gallen angefragt, ob sie mit ihren Jugendlichen die Aufräumaktion unterstützen würden. Die Schulbehörde unterstützte dies, forderte aber eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Abfall und Abfallvermeidung. Während einer Projektwoche entstand in der alten Post Frauenfeld eine Ausstellung zum nachhaltigen Trennen von Abfällen. Eine andere Klasse organisierte eine Verpackungsvermeidungaktion im Coop und half während einem Tag den Konsumenten, unnötiges Verpackungsmaterial zu vermeiden und direkt vor Ort sauber zu entsorgen. Eine weitere Aktion führte zu einer Blockade der Essensausgabe eines Fastfood Restaurants, da die Jugendlichen ihr Menü nur in mitgebrachtem, wiederverwendbarem Geschirr entgegennehmen wollten. 
Der Schlusspunkt dieses Projektes bildete ein selbst entwickeltes Musical. Dass drei Schüler in überdimensionierten Coladosen auf der Bühne vor dem Hauptakt am Samstagabend tanzten und in einem Abfallrap das Publikum zur Vermeidung von Abfall aufriefen, war nur ein Highlight dieses Schulprojektes. Der Backstage-Besuch für Eltern und ein begeisterndes, mehrheitsfähiges Musikprogramm gehörten ebenfalls dazu. Der anschliessende zweitägige Open-Air-Putz, der Besuch des Säntisparks und die Schlussreise gehören seither zum Schlussprogramm an den Brückenangeboten Frauenfeld.

Mülltarier vor ihrem Einsatz

In der Zwischenzeit führten die Organisatoren ein Glasverbot, ein Zeltdepot, Aidsprävention, recycelbares Geschirr, Abfallheroes, die während dem Festival den Müll entsorgen, Depot auf Getränkebecher, dezentrale WCs und vergrösserte Abfallsammelbehälter ein. Natürlich veränderte sich auch die musikalische Ausrichtung eines der ältesten Veranstaltungen dieser Art in der Schweiz. Parallel dazu änderten sich auch die Besuchergruppen. Erst in den letzten vier Jahren machte sich dies auch an der Abfallfront bemerkbar. Das Zeltdepot ermöglichte ein viel rascheres Aufräumen. Wie ein Kamm durchquerten die Klassen die Abfallwüste. Dieses monotone, tausendfache, anstrengende Bücken und das Einsammeln des Mülls, getrennt nur durch dünne Plastikhandschuhe, hinterliess nachhaltige Eindrücke. Wer dann auch noch stille Örtchen im Wald von Kleenex und Papiertaschentücher reinigen durfte, hat dieses Erlebnis in die Festplatte eingebrannt. Die unverkennbaren Open-Air-Gerüche bleiben ebenfalls jahrelang in den Nasenhärchen hängen und sorgen bei Wiederholungstätern für einen Erinnerungseffekt. Natürlich spielt auch immer das Wetter eine wichtige Rolle. Zwischen Schlammgallen und Sonngallen liegt eventuell nur ein richtiges Gewitter.

Romantische Picknickpause an der Sitter

Ein Dreitagespass, Transport, Kost und Logis während der Aufräumaktion, der Besuch im Säntispark, das Festivalshirt und 150.- in die Schlussreisekasse ist der Lohn für diesen Einsatz. Obwohl dieser seit Jahren gleichgeblieben ist, bleiben die Erinnerung daran gleichwohl haften. Bei allen Jugendlichen verändert sich im Verlaufe dieser zwei Tage der Blick auf den Abfall. Unbewusst weggeworfene Zigarettenkippen, stören das Bild beim Gedanken daran, dass eine Woche später bereits wieder Kühe auf diesen Wiesen weiden oder Schulklassen im Naherholungsgebiet von St. Gallen an den Ufern der Sitter bräteln.

Während dem diesjährigen Open-Air waren alle Hotels in und um St. Gallen ausgebucht. Weniger zeltende Besucher heisst auch automatisch weniger Abfall. Für die Jugendlichen war es trotzdem ernüchternd, die Rückstände von drei unbeschwerten Tagen Musikgenuss, verteilt über das Festivalgelände zu sehen. Bei der Anreise mit dem Postauto, konnte man sich bereits auf der Fürstenlandbrücke einen ersten Überblick verschaffen. Das Einsammeln der Abfälle fand in einer buchstäblich aufgeräumten Stimmung statt. Trotz hohen Temperaturen war am Montagabend absehbar, dass wir am Dienstag ohne grossen Druck die Feinreinigung des Geländes in Angriff nehmen werden. Nach der Abnahme des Geländes durch die Verantwortlichen der OpenAir Leitung, warteten die Jugendlichen gespannt auf die heiss begehrten T-Shirts. Auf der Rückreise wachten die ersten Jugendlichen kurz vor Frauenfeld aus ihrem Wegwerftraum wieder auf und freuten sich auf die wohl verdiente Schlussreise.

2 Tage später

Niemand wird es direkt so formulieren, doch irgendwie sind alle ein wenig stolz, den Kampf gegen den Müll im Sittertobel gewonnen zu haben.

Cenzo Keller, Klassenlehrer Brückenangebote